Von Christoph Ledder:
Wie sich die letzten Minuten im Leben von Amelia Earhart angefühlt haben müssen, kann man nur erahnen. Zu viele Spekulationen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten über die erste Flugpionierin der Welt aneinandergereiht. Zumindest haben Wissenschaftler vor einigen Jahren herausgefunden, dass Earhart ihren Absturz über dem Pazifik überlebte und sogar noch mehrere Wochen weiterlebte. Doch der Reihe nach.
Rätsel um Amelia Earharts Tod gelöst
Im Jahr 1937, bei ihrem Versuch die Welt zu umrunden, verschwand die Earhart spurlos von den Radaren. Die Vermutung lag nahe, dass sie und ihr damaliger Begleiter den Flug nicht überlebten. Doch das Rätsel um ihren Tod wurde vor einigen Jahren gelöst.
Wie der “Stern” berichtet, wurden ihre Knochen bereits um 1940 auf der Nikumaroro-Insel, einem Atoll im Pazifik, die zur Gruppe der Phoenixinseln gehört, gefunden. Allerdings wurden diese damals als männliche Knochen identifiziert. Laut Informationen des “Stern” fand eine Untersuchung der Universität von Tennessee heraus, dass die Knochen zu 99 Prozent von Amelia Earhart stammen. Damit erhärtete sich die Theorie, dass sie nach ihrem Absturz auf der kleinen Insel als Schiffbrüchige überlebte. Mit technischen Mitteln der modernen Forensik, konnte man die Gebeine der Frau zuordnen.
Gefundene Knochenfunde und Aufzeichnungen auf Insel
In der Earhart-Forschung ist man davon überzeugt, dass die Pilotin eine Weile auf der Insel lebte. Einen Beweis dafür lieferten zudem zahlreiche Knochenfunde von Vögeln und Fischen. Darüber hinaus fand man Aufzeichnungen von Rettungsfeuern. Earharts Tod geht vermutlich auf das fehlende Trinkwasser auf Nikumaroro und die unzureichende Ernährung zurück. Zudem gehen die Forscher davon aus, dass ihr Begleiter Fred Noonan vor ihr gestorben ist. Doch wer war Amelia Earhart und wie verlief ihr Leben vor dem tragischen Tod nach ihrem Absturz über dem Pazifik?
Earhart gilt als Draufgängerin
Die US-Amerikanerin wurde am 24. Juli 1897 im Bundesstaat Kansas geboren. Schon als Kind hatte sie etwas Draufgängerisches an sich und entsprach nicht der damaligen gesellschaftlichen Norm. Ob die Jagd auf Ratten mit dem Gewehr oder das Klettern auf Bäume: Earhart passte sich als Kind nicht an und ließ sich von ihren männlichen Zeitgenossen nicht die Butter vom Brot nehmen. In den Augen der meisten war Earhart eine Außenseiterin, der man aufgrund ihres rebellischen Wesens ein dramatisches Ende prophezeite.
In ihren Jugendtagen hatte die Tochter eines deutsch-amerikanischen Juristen mit der Fliegerei allerdings noch nichts am Hut. Das änderte sich jedoch im kanadischen Toronto, wo sie gegen Ende des 1. Weltkrieges beim Militär als Krankenschwester arbeitete. In der Nähe ihres Arbeitsplatzes trainierten Flieger. Die Faszination ließ nicht lange auf sich warten und so dauerte es nicht lange, bis sie schließlich 1920 die Chance bekam, in einem Flugzeug mitzufliegen.
Auf erstem Nonstop-Flug wie “Sack Kartoffeln”
1932 – mit gerade einmal 35 Jahren – veröffentlichte sie ihre Autobiographie. Darin schrieb sie: “In dem Moment als wir den Boden verließen, wusste ich: Ich selbst musste fliegen.” Ein Flugschein kostete damals rund 4.000 Dollar – Geld, was weder sie zur Verfügung hatte noch das ihre Eltern ihr bezahlen wollen.
Durch verschiedene Jobs finanzierte sie ihren Traum. Doch als Pilotin erlangte sie zunächst keine Bekanntheit, sondern vielmehr als Passagierin. Und das auf einem rund 20-stündigen Nonstop-Flug über den Atlantik im Jahr 1928. Die “Friendship” wurde vom Piloten Wilmer Stultz geflogen.
Als die Maschine am 18. Juni 1928 in Wales landete bekam sie jedoch größere Aufmerksamkeit als Stultz. Earhart wurde regelrecht für den Flug gefeiert. Einige Zeit später schrieb sie, dass sie sich lediglich als Gepäck und wie ein Sack Kartoffeln fühlte und verwies stets auf Stultz als den eigentlichen Piloten. Gleichzeitig kam ihr schon zu diesem Zeitpunkt der Gedanke, solch einen Flug irgendwann allein zu bestreiten.
Atlantik überquert, Ziel dennoch nicht erreicht
Dass Earhart keine Frau leerer Versprechungen war, merkte man spätestens 1932. Mit einer Lockheed Vega 5B überquerte sie den großen Teich – und dies fünf Jahre nach der Überquerung von Charles Lindbergh. Earhart hat ihr Ziel Paris jedoch nicht erreicht. Aufgrund technischer Probleme musste die junge Frau bereits in Londonderry in Irland landen.
Doch die junge Frau, die fortan den Spitznamen “Lady Lindy” – in Anlehnung an Charles Lindbergh – trug, kämpfte weiter und ließ sich von der Niederlage keinesfalls abbringen. Fliegen war ihre Leidenschaft und so fasste sie den Entschluss den Pazifik im Alleingang zu überqueren. 1935 flog sie die Strecke von Honolulu/Hawaii nach Oakland / Kalifornien. Im selben Jahr noch folgte der Flug von Mexiko-Stadt nach Newark / New Jersey in den USA.
Letztes Abenteuer mit Lockheed 10 Electra
Am 21. Mai 1937 brach sie dann schließlich zu ihrem letzten Abenteuer auf, von dem sie nie zurückkehren sollte. Mit einer Lockheed Modell 10 Electra wollte sie den Äquator umrunden. Mit an Bord war der Funker und Navigator Fred Noonan. Das gesamte Unterfangen schien zu glücken.
Einen Großteil der Strecke hatten sie bereits erfolgreich geschafft. Von Neuguinea brachen sie am 2. Juli auf. Über den Pazifik wollten die beiden zur Howardinsel gelangen. Dort war ein Zwischenstopp geplant. Doch auf der Insel kamen sie nie an. Ihr letztes Lebenszeichen war ein unvollständiger Funkspruch, dass kaum noch Treibstoff vorhanden und Fred Noonan verletzt ist.
Nach einer aufwendigen Suchaktion nach Earhart und Noonan, an der 64 Flugzeuge sowie acht Kriegsschiffe beteiligt waren und bis zum 19. Juli mehr als 400.000 Quadratkilometer abgesucht worden waren, wurden die Pilotin und ihr Navigator 1939 schließlich für tot erklärt.
Theorie von japanischer Gefangenschaft widerlegt
Bis 2017 hielten sich die Spekulationen um ihren Tod, da weder ihr Leichnam noch das Flugzeug gefunden wurden. Darüber hinaus gab es die Theorie, dass Earhart und Noonan in japanische Gefangenschaft gerieten und dort gestorben seien. Diese These wurde allerdings von einem japanischen Blogger widerlegt.
Fakt ist, dass Amelia Earhart nicht nur die erste Flugpionierin, sondern eine Ikone ist, die eine ganze Generation junger Frauen nachhaltig beeinflusst hat und auch heute noch beeinflusst. “Frauen müssen sich an Dingen versuchen, genauso, wie Männer es ausprobieren.” Mit diesem Satz gilt sie bis heute zu einer der Hauptpersonen der Frauenemanzipation. Amelia Earhart – die junge Wilde der Lüfte. Ein kurzes Leben auf der Überholspur. Ihre Biografie wurde 2009 in dem Film “Amelia” verfilmt.
Mehr zum Thema Fliegerei erfahren Sie in unserem Beitrag zu den Gebrüdern Wright sowie in unserer Artikel-Serie Eroberung der Lüfte.
Foto oben: Screenshot / Youtube
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