ISS, auch internationale Raumstation (engl. International Space Station) genannt, ist zurzeit die einzig permanent bemannte Raumstation im Erdorbit und fungiert als Forschungsstation. Momentan ist sie der größte Satellit im Erdorbit. In der Erdumlaufbahn ist sie Stand heute das größte künstliche Objekt.
Der Beginn einer Revolution
Die NASA hatte schon sehr früh die Idee, eine Raumstation im Weltall zu bauen, die permanent bewohnt werden konnte. Insgesamt sollte eine zehn bis zwanzig Mann starke Besatzung in der Raumstation Platz finden. Diesen Plan verfolgte die NASA bereits seit Anfang der 1960er Jahre in Zeiten der Mondlandung.
Doch erst, nachdem die NASA sich vom Apollo-Programm getrennt hatte, wandte sie sich dem konkreten Bau zu. Basierend auf Erfahrungen der Raumfahrtprogramme der Russen und der Sowjetunion konnten hilfreiche Erkenntnisse für den Bau der ISS gewonnen werden. Die Sowjetunion brachte die Saljut-Stationen und die modulare Raumstation Mir in die Umlaufbahn. In diesem Zuge konnte eine Vielzahl von Erfahrungen mit Langzeitflügen gesammelt werden. Diesen galt es nachzueifern.
Der Bau der ISS begann 1998 in internationaler Zusammenarbeit von 16 Staaten, bestehend aus fünf Raumfahrtagenturen, die bis heute die ISS betreiben und auch stets weiterentwickeln.
Die US-amerikanische NASA, der russische Raumfahrtagentur Roskosmos, die europäische Raumfahrtagentur ESA und die Raumfahrtagenturen Kanadas (CSA) sowie Japans (JAXA) schlossen sich für den Bau der ISS zusammen und bündelten ihr Know-How.
Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz, Spanien und das Vereinigte Königreich beteiligten sich zudem an diesem Bau. Dafür wurde 1998 ein entsprechendes Abkommen unterschrieben. Das Abkommen sollte, wie wir heute wissen, eine Revolution in der Raumfahrt bedeuten. Ein separates Abkommen über die Nutzung der Raumstation trafen die USA und Brasilien. Bislang scheiterte die Volksrepublik China an einer Beteiligung an der ISS, da die USA von ihrem Vetorecht Gebrauch macht. Stattdessen arbeitet China zurzeit an einer eigenen Raumstation.
Die ISS gilt als Hightech-Labor in der Erdumlaufbahn. Heute wird sie hauptsächlich für die Erforschung der Humanphysiologie sowie für die Gewinnung neuer Erkenntnisse der Biologie genutzt. Auch Forschungsfragen über die Materialforschung, Fluidphysik und die physikalische Chemie werden auf der ISS immer wieder untersucht. Dies entspricht 80 Prozent der Nutzung der Raumstation. Darüber hinaus werden auf der ISS Erkenntnisse über Technologien, Telekommunikation, Extraterrestrik, Erderkundung sowie die Industrie gewonnen.

Aufbau der ISS
Insgesamt besteht die ISS zurzeit aus 36 Modulen. Weitere drei Module sind zwischen 2020 und 2022 geplant.
Die Module der ISS können in zwei Kategorien unterteilt werden. Sie besteht aus drucklosen, und unter Druck stehenden Modulen. Die Astronauten können die unter Druck stehenden Module betreten, ohne Raumanzüge tragen zu müssen. Unter anderem zählen zu den unter Druck stehenden Modulen die Sarja, Poisk, Destiny und Columbus. Allerdings ist zu beachten, dass Stationen der Module trotzdem drucklos sein können. So steht Poisk zwar grundsätzlich unter Druck, jedoch ist das russische Andocksystem SSVP drucklos. Zu den drucklosen Modulen gehören zudem die Solarzellen, die Solarflächen, das Wärmekontrollsystem und viele weitere Module der ISS.
Das erste Modul der ISS Zarya wurde am 20. November 1998 mithilfe einer Proton-Schwerlastrakete in den Erdorbit gebracht. Proton-Schwerlastraketen wurden bereits für den Aufbauder Saljut Raumstationen sowie der Raumstation MIR eingesetzt. Die Module Zarya, Unity Node 1 und Zwesda wurden unbemannt in den Erdorbit katapultiert.
Die Zarya lieferte die Stromversorgung, Kommunikationstechnik und die Möglichkeit, die eigene Position in Relation zur Erde zu kontrollieren. Heutzutage hat sie überwiegend die Funktion eines Lagers. Der erste Verbindungsknoten Unity folgte zwei Wochen später. Unity-Node 1 fungiert heutzutage als Verbindungsflur der ISS-WG. Kurz darauf folgte das Service-Modul Zwesda. Es lieferte die ersten Quartiere, eine Weltraumtoilette und verfügt über ein Forschungslabor. Als erstes Wohnmodul der ISS bildete Zwesda die Grundlage für das Betreten der ISS von Astronauten. Mit zwei Schlafkabinen bot das Modul Platz für zwei Astronauten. Somit konnte der bemannte Aufbau der ISS beginnen.
Im weiteren Verlauf der Zeit wurde das Modul Destiny Anfang 2001 in den Erdorbit gebracht. Es ist ein Forschungslabor der USA und wurde an der Unterseite der Canadaarm 2 installiert.Die Schleusen Quest und Pris erreichten bis September 2001 die ISS und ermöglichen erstmals Weltraumspaziergänge auf der ISS.
Der Aufbau der zentralen Gerüstachse der ISS begann im April 2002 und wurde erst 2006 fortgesetzt aufgrund eines Unfalls. Die Achse trägt unter anderem Solar- und Kühlpaneele.
Schließlich wurde im September 2007 das Verbindungsmodul Harmony installiert und bietet seither Quartiere für weitere vier Besatzungsmitglieder. So war es erstmals auf der ISS möglich, zu sechst die Raumstation zu betreten. 2008 wurde das europäische Labor Columbus eingeflogen. Die russischen Mini-Labore Poisk und Rassvet kamen im November 2009 und Mai 2010 hinzu. Ebenfalls im Jahr 2009 erreichte das letzte Stück der zentralen Gerüstachse die ISS.
Tranquility, das dritte Verbindungsmodul, wurde 2010 installiert und ermöglicht seither die Nutzungder Module Dextre und Cupola. Dextre ist ein Robotersystem und hilft bei der Instandhaltung und Cupola gilt als das Fenster der ISS zur Außenwelt. Diese Metapher hat Cupola dem Fakt zu verdanken, dass es eine Aussichtskuppel ist. Diesen Ausblick können nur wenige Menschen genießen.
Ungefähr 40 weitere Bestandteile der ISS wurden von Raumfähren und Trägerraketen ins All gebracht und dort zusammengebaut. Es dauerte insgesamt 12 Jahre und 42 Flüge bis die Bauteile der ISS alle an Ort und Stelle waren. Im Mai 2011 konnte schließlich verkündet werden, dass das Hightech-Labor, wie die ISS gerne genannt wird, vorerst fertiggestellt war. Es markierte einen Meilenstein in der Raumfahrt
Ein langer Weg
Der Aufbau der ISS dauerte insgesamt deutlich länger als geplant. Der US-Teil der ISS sollte im August 2001 fertig sein, wurde jedoch erst im Mai 2006 mit 38 statt geplanten 33 Space-Shuttle Starts vollendet.
Auch die Kosten der ISS waren nicht zu unterschätzen. Der US-amerikanische Präsident Bush unterzog bei seinem Amtsantritt das Programm der ISS einer Prüfung. In diesem Zuge wurden auch die Kosten betrachtet. Diese stiegen stetig an, doch die NASA bekam nicht mehr Budget.
Die Kostenschlinge zog sich immer weiter zu. Die Ausgaben stiegen von geplanten 17,4 auf 30 Milliarden Dollar an. Zurückzuführen war dies unter anderem auf die Nichteinhaltung des Zeitplans. Als Konsequenz wurde überlegt, die Besatzung auf einen „US-Core“ zu reduzieren. Eine Umplanung hätte aber Kompensationszahlungen in Milliardenhöhe an die internationalen Partner erfordert. Eine Einsparung von Geldern war daher schlicht unmöglich.



Die NASA verfolgte aber noch Ende 2002 das Ziel, nur den US-Kern fertigzustellen. Von diesem Plan wurde abgewichen, als das Space-Shuttle Programm seine zweite Katastrophe durchlitt. Am 01. Februar 2003 stürzte die Raumfähre Columbia bei einem kontrollierten Wiedereintritt in die Erdatmosphäre ab. Bei der Katastrophe kamen sechs Menschen ums Leben. Nach dem Verlust der Columbia hätte dies das Ende der ISS bedeuten können. Die NASA strich als Konsequenz die Module, die keine Priorität hatten. Unter anderem das Habitation-Modul und das Zentrifugenmodul CRV – nicht zuletzt aufgrund der hohen Kosten und der fehlenden Transportmöglichkeit der Module. Ebenso wurde die Besatzung reduziert. Erst 2006 wurden, nach drei Jahren Pause, weitere Bauteile zur ISS geflogen.
Trotz aller Schwierigkeiten blieb die ISS das einzige US-Labor im Erdorbit und wurde nicht aufgegeben.
Auch in jüngster Vergangenheit ereigneten sich weitere Probleme. Space-Shuttles wurden 2010 ausgemustert, um Geld einzusparen. Seit dem Jahr 2016 fehlt es an finanziellen Mitteln, um die bestehenden Experimente gegen neue zu ersetzen. Ebenso fehlt es an Mitteln, die Station sicher deorbitieren zu können. Die Besatzung ist auf sechs Personen beschränkt, bis ein neues System zum Transport entwickelt wird.
Anstelle von geplanten 90 Tagen in der Raumstation, ist die Aufenthaltsdauer auf das doppelte und somit 180 Tage gestiegen.
Technische Daten und Fakten der ISS
Die ISS kreist etwa in 93 Minuten einmal um die Erde. Ihre Höhe beträgt 400 km mit einer Bahnneigung von 51,6 Grad in östlicher Richtung. Abhängig von der Solarmodulausrichtung hat sieeine räumliche Ausdehnung von ca. 109 m x 51 m x 73 m. So hat die ISS die Größe eines Fußballfeldes. Die Masse der ISS beträgt ca. 420 t und ist seit dem 2. November 2000 von Raumfahrern permanent bewohnt. Insgesamt finden sechs Raumfahrer auf der ISS Platz. Im Durchschnitt verweilen Astronauten für zwei Expeditionen und somit für eine Dauer von circa sechs Monaten auf der ISS.
Auch deutsche Raumfahrer haben es bereits auf die ISS geschafft. Thomas Reiter war der erste Deutsche, dem diese Ehre zuteil wurde. Unter anderem schuf er die Grundlage, um das Modul Columbus nutzen zu können. Der bisher letzte Deutsche, der die Ehre hatte, die ISS zu besuchen, war Alexander Gerst. Sowohl in 2014 als auch in 2018 forschte der Astronaut auf der ISS. Neben vielen weiteren Forschungsfragen widmete sich Alexander Gerst den Thematiken Digitalisierung, Industrie 4.0, Klimawandel und Gesundheit.



Fun Fact: Seit dem Jahr 2000 hat die Crew der ISS mehr als 25.000 Mahlzeiten gegessen. Für drei Astronauten entspricht dies sieben Tonnen Essen in sechs Monaten. Wenn man dies in Big Macs umrechnen würde, wären es 32.558 Stück.
Die ISS kann vollkommen mit Solarenergie betrieben werden, da es im Erdorbit kein schlechtes Wetter gibt. Auf das Modul Unity wurde Ende 2000 eine Gerüstachse angebracht, an der dann ein Paneel mit 130.000 Solarzellen befestigt wurde. Die Station kann auf diese Weise mit 160 Volt Gleichstrom betrieben bzw. versorgt werden. Um ein Überhitzen zu vermeiden, wird die überschüssige Wärme durch Kühlpaneele ins All abgeleitet.
Ein Blick in die Zukunft: Die Rolle der ISS im Laufe der Zeit
Laut Russland ist es Zeit für eine Trennung von den übrigen Mitgliedsländern, denn der Unterhalt der ISS ist extrem hoch und der Erkenntnisgewinn der an Bord durchgeführten Experimente im Gegensatz dazu, verschwindend gering. Immer wieder gab es mit der ISS Probleme. Durch Einschläge können immer wieder kleine Krater entstehen. Ebenso muss immer wieder Weltraumschrott ausgewichen und der Kurs kurzfristig geändert werden. Auch die Kosten, welche die ISS verursacht, bleiben eine Herausforderung in der Zukunft. Sie liegen geschätzt bei über 100 Milliarden Dollar, jedoch wird über die exakten Ausgaben geschwiegen.
Nach Angaben der russischen Raumfahrtbehörde „Roskosmos“ kann die ISS noch bis mindestens 2030 in Betrieb bleiben. Eine Verlängerung hängt jedoch von dem technischen Zustand der Raumstation ab.
Russland und die USA haben allerdings ein Interesse daran, dass die Station langfristig betriebsbereit bleibt. Beide Länder planen, die ISS sogar durch Module noch zu vergrößern. Eine endgültige Entscheidung steht jedoch noch aus. Es wäre möglich, den Betrieb bis 2028 oder 2030 zu verlängern.
Bislang gibt es jedoch nur Pläne bis zum Jahr 2024. Welche genauen Erkenntnisse die ISS in Zukunft für uns bereithält, steht buchstäblich in den Sternen. Fest steht: Die ISS ist die erste Raumstation, die permanent bemannt ist und so immer neue Forschungsergebnisse bereithält. Mit neuen Modulen, die noch zur ISS gesandt werden sollen, wird sie auch in Zukunft für Überraschungen gut sein
Hier geht es zu Teil 1 der Reihe: Raumstationen (1): Die Saljut 7
Hier geht es zu Teil 2 der Reihe: Raumstationen (2): Die MIR
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